Dieser Deep-Dive in die Betriebswirtschaft ist der nächste Schritt. Ein weiterer Schritt in Richtung Investitionen. Du hast eine Wohnung oder ein Haus gekauft? Oder ein:e Bekannte:r von dir? Dann weisst du, dass er:sie Eigenkapital haben musste. Nämlich Bargeld. Oder Pensionskassengeld. Oder verpfändbare Wertschriften. Zudem wird er:sie wohl kaum damit die gesamte Immobilie gekauft haben. Es war Fremdkapital nötig. Die Bank gewährte eine Hypothek, worauf Zinsen bezahlt werden müssen. Dieser Betrag muss der Bank zurückbezahlt werden. So weit, so verständlich.
In der Wirtschaft begegnen uns unmengen von Unternehmungen. Wir schauen uns eine ganz kleine Unternehmung an. Nämlich das Malereigeschäft, das wir aus diesem Beitrag bereits kennen.
Die Malerei benötigt Geld
Der:die Malerin will sich selbständig machen. Dafür benötigt er:sie Geld. Einerseits für die Bezahlung des eigenen Gehalts, andererseits für Material, Fahrzeuge, Maschienen.
Um nicht mit dem Privatvermögen zu haften, gründet der:die Maler:in also eine GmbH. Dafür sind mindestens CHF 20’000.- nötig. Das ist das Eigenkapital der Malerei. Dies hat der:die Malerin gespart und damit die GmbH gegründet.
Mit den Einnahmen aus den Aufträgen kann der monatliche Lohn bezahlt werden. Aber es können nur Aufträge in unmittelbarer Nähe erledigt werden, weil der:die Malerin kein Lieferwagen hat. Das Geld reicht nicht, einen solchen zu kaufen.
Um jetzt grössere Aufträge erledigen zu können, entscheidet er:sie sich für einen Kredit. Von einer Privatperson oder von einer Bank. Er findet eine Bekannte – Agathe – welche ihm CHF 24’000.- für 2 Jahre leiht. Dafür bezahlt der:die Maler:in monatlich CHF 1’050.- zurück. Mit diesem Betrag kann die Malerei nun deutlich grössere Aufträge annehmen und erhöht den monatlichen Gewinn.
Kurz-Bilanz
Du musst diese Bilanz nicht beim ersten Durchgang verstehen. Wichtig ist die Unterscheidung in der rechten Spalte. Fremd- und Eigenkapital sind unterschiedliche Finanzierungsmittel
Aktiva | Passiva |
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Umlaufvermögen – Liquide Mittel (bspw. Bankguthaben) – Forderungen (bspw. gegenüber Kunden) – Vorräte | Fremdkapital – kurzfristiges (bspw. gegenüber Lieferanten) – langfristiges (bspw. verzinsliches Darlehen) |
Anlagevermögen – Finanzanlagen – Sachanlagen (bspw. Lieferwagen) – Immaterielle Anlagen | Eigenkapital – Aktienkapital (bspw. Gründungskapital) – Partizipationskapital – Reserven |
Die Malerei geht konkurs
Aus verschiedenen unglücklichen Umständen geht die Malerei nach einem Jahr konkurs. Das Konkursamt übernimmt die Liquidation der Unternehmung nach klaren Richtlinien. Dabei wird aufgelistet, welche aktiven Posten vorhanden sind und welche passiven. Das Bankguthaben und der Lieferwagen ist noch vorhanden. Der Verkauf des Lieferwagens ergibt CHF 18’000.-. Auf der Bank waren noch CHF 2’000.-. Dieses Geld wird nun nach gesetzlichen Vorgaben verteilt. Nach Angestellten und weiteren privilegierten Klassen, wird das Fremdkapital in der dritten Klasse berücksichtigt. Das Eigenkapital bildet die vierte Klasse. Soll heissen, dass das Konkursamt sämtliche offenen Rechnungen bezahlt und die Restschuld von Agathe – rund CHF 12’000 – bezahlen kann. Übrig bleiben noch CHF 3’000.-. Diesen Betrag erhält der:die Gründerin bzw. Malerin vom Eigenkapital zurück. Er hat also insgesamt CHF 17’000.- verloren. Definitiv. Agathe hat währenddessen nichts verloren.
Long story short:
Das Fremdkapital hat eine höhere Sicherheit vor Verlusten, als Eigenkapital. Denn im Zweifelsfall müssen Forderungen aus Fremdkapital immer zuerst vollständig beglichen werden, bevor Forderungen aus Eigenkaiptal beglichen werden. Weil das Fremdkapital gewissermassen geschützt ist, kommt es mit einer fixen Rückzahlung und fixen Kosten (bspw. Zins) aus.
Das Eigenkapital ist hingegen nicht geschützt. Wer Eigenkapital besitzt, ist am Geschäftsgang der Unternehmung beteiligt und somit Eigentümer:in. Der Gewinn – mag er noch so hoch sein – ist der Ertrag der Eigentümer:innen. Der Verlust – im schlimmsten Fall der Konkurs – ist das Risiko der Eigentümer:innen.
Es zeichnet sich ab:
- Eigenkapital hat einen hohen potenziellen Ertrag, ist aber wenig vor Verlust geschützt.
- Fremdkapital hat einen hohen Schutz vor Verlust, aber einen geringen Ertrag.
Diese erste Erkenntnisse nehmen wir zum nächsten Beitrag mit. Dort werden wir uns mit dem Anlage-Dreieck befassen. Neben der Sicherheit vor Verlusten und dem potenziellen Ertrag, spielt nämlich auch die Liquidität eine Rolle für unsere Investitionsentscheidungen.
Emotionsecke
Huch! Tatsächlich bis hier alles gelesen? Wir gratulieren dir herzlich! Es war ein trockener Beitrag. Um viele Vorgänge und Abhängigkeiten in der Wirtschaft zu verstehen, empfinden wir diese Thematik allerdings als sehr wichtig. Wenn du also einfach so zur Emotionsecke gesprungen bist, weil du dich hier in der Regel wohl fühlst: Keine Sorge. Komme zu diesem Beitrag zurück, falls du wieder einmal über Eigen- und Fremdkapital stolperst und mehr wissen möchtest. Bis bald!
Kurzfassung |
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Das Fremdkapital dient der Finanzierung von Umlauf- und Anlagevermögen einer Unternehmung. Im Konkursfall wird das Fremdkapital vor dem Eigenkapital erstattet, sofern Geld vorhanden ist. Es bedeutet demnach weniger Risiko als Eigenkapital. Für das dennoch getragene Risiko werden i.d.R. feste Vergütungen vereinbart (bspw. Darlehenszins). Das Eigenkapital ist der Anteil an einer Unternehmung, der den Unternehmer:innen gehört. Im Konkursfall wird das Eigenkapital als letztes erstattet, sofern noch Geld vorhanden ist. Es bedeutet demnach das höchste Risiko. Für dieses eingegangene Risiko, bestehen dafür auch unbegrenzte Chancen: Der gesamte Erfolg, abzüglich der Verbindlichkeiten, gehört den Eigenkapitalgeber:innen. |
Quellen: Uni Zürich